NODUS REALIS

(lat.: Reals Knoten)

Peter G. Seeland hat in HolzWerken, Heft 88, S. 18 einen Beitrag zur Anfertigung einer von ihm so genannten Nodus-Verbindung von gleich drei Holzteilen veröffentlicht,  wie sie etwa an einem Tisch zur Verbindung zweier Zargenteile mit dem Tischbein benötigt wird. Seeland erwähnt, dass diese Art der Verbindung schon von Pierre Chapo benutzt worden ist, nach seiner Ansicht aber wohl schon „in der frühen Geschichte des Handwerks“, wann immer das gewesen sein mag. Seelands Arbeit ist ohne Frage handwerklich ganz tadellos, erweckt allerdings gestalterische Bedenken: er macht an der äußeren Ecke einen lustigen Schrägschnitt, der eine niedliche Lücke offen lässt (a.a.O., S. 20, Bilder 14, 15).

Meine kurze Recherche hat diese Vorveröffentlichungen in zeitlicher Reihenfolge ergeben:

  1. Barquito de Vapor vom 18. Januar 2018 https://www.youtube.com/watch?v=Fkp8kXRT6Bo
  2. Dietmar Schefe vom 20. März 2018 https://www.youtube.com/watch?v=QVX174upHo4;
  3. „Küstenholz“ Robert Hoffmann im Mai 2018 diese Holzverbindung https://www.youtube.com/watch?v=FEJE35omYKU, die er Glaubensverbindung nennt, mit einer etwas komplexeren Variante vom 7. Januar 2019 https://www.youtube.com/watch?v=IK7-7zXObY8.
  4. „Time for Practice“  Michael Hauser, Altlussheim, vom 14. April 2019 https://www.youtube.com/watch?v=IyTX6lQgF3U
  5. Mokong vom 25. August 2018 https://www.youtube.com/watch?v=Z6Fxm0ZdSRA  (ab 11:51) und noch einmal vom 11. Juni 2019 https://www.youtube.com/watch?v=loCcl1XXPPU ;
  6. Dorian Bracht vom 12. November 2019 https://www.youtube.com/watch?v=r-uAaNpAdgA mit einer  ausgesprochen ästhetischen Variante vom 26. Februar 2020 https://www.youtube.com/watch?v=Pg-VCw7Xa-k   
  7. 3x3Custom Tamar vom 27. Dezember 2019 https://www.youtube.com/watch?v=aKJI_f44v0E
  8. Jonas Winkler vom 2. Februar 2020 https://www.youtube.com/watch?v=leZyanKkt2s
  9. J-Woodworking vom 19. Juli 2020 https://www.youtube.com/watch?v=vyBP6aYYQ7w
  10. Dorian Bracht noch einmal am 24. August 2020 https://www.youtube.com/watch?v=7nN6m4yA2Rc   mit der Darstellung des wohl derzeitigen Stands des Handwerks.

Ich bin zuversichtlich, dass es noch weitere Veröffentlichungen zu dieser Verbindung gibt.

Diese Art der Verdingung ist offenbar en vogue! Abgesehen von Dorian Bracht ist allen genannten Darstellungen gemeinsam, dass sie drei quadratische Holzteile benutzen, deren Bedeutung insbesondere Hoffmann besonders hervorhebt. Demgegenüber bin ich der Auffassung, dass diese Verbindung auch für unterschiedlich dimensionierte Teile genutzt werden  kann, wie meine etwas rustikale Machbarkeitsstudie aus Douglasie zeigt. Der ästhetische Vorteil ist, dass das senkrechte Teil so dimensioniert werden kann, wie wir es etwa von den Seiten eines großen Esstischs gewohnt sind. Hier die wesentlichen Arbeitsschritte aus einem Dielenbrett, von dem ich ähnlich Mokong ein paar Abschnitte zusammengeleimt habe:

Eine gewisse Herausforderung ist das passgenaue Anreißen und Sägen der beiden gekreuzten Schlitze für das senkrechte Teil: die Schlitze sind lang und tief, sie sind nicht symmetrisch. Wohlhabende Holzwerker können das Kreuz ganz problemlos auf einer amerikanischen table saw mit dado blade aussägen, wenn denn ihre Werkstatt eine hinreichende Deckenhöhe hat, um das Teil senkrecht zu stellen; kundige Holzwerker werden gewiss eine günstige Gestellsäge benutzen, Anfänger wohl am besten eine Japansäge. Faule Holzwerker wie ich sägen die Schlitze an einer Bandsäge.

Weil es so nett aussieht habe ich die Zapfen Green & Green – mäßig rd. 5 mm überstehen lassen (siehe das Eingangsbild).

Die Machbarkeitsstudie.zeigt ganz nebenbei, dass selbstverständlich nicht einmal das senkrechte Teil auch nur rechteckig sein muss, es darf selbstverständlich auch rund sein, sei es zylindrisch, sei es oval oder gar elliptisch. In diesen Fällen erscheint es allerdings sinnvoll, nicht nur die Zapfen der (waagerechten) Zargenteile, sondern diese selbst 5 bis 10mm in das senkrechte Teil einzulassen. Man erspart sich dann die kaum lösbare Aufgabe, die Schulter mit einer passenden Rundung zu versehen; japanische Schreiner kriegen allerdings auch das hin.

Dorian Bracht hat in seinem Video vom 12. November 2019 https://www.youtube.com/watch?v=r-uAaNpAdgA eine ausgesprochen ästhetische Variante gezeigt, noch einmal am 26. Februar 2020 https://www.youtube.com/watch?v=Pg-VCw7Xa-k .

Damit ist nun auch klargestellt, dass das senkrechte Teil selbstverständlich auch konisch ausgeführt werden kann, wie es unserer Sehgewohnheit etwa bei Tischbeinen entspricht. Wenn wir schon so weit fortgeschritten sind, sollte auch ein richtiger Pyramidenstumpf oder gar ein etwas manierierter Konus gefertigt werden können mit dem größeren Querschnitt unten – und keineswegs oben!

Es erscheint jedenfalls im Bereich des Handwerks also ziemlich schwierig, noch wirklich Neues zu finden – und nicht lediglich Varianten zu Bekanntem, wie es uns jederzeit im Internet präsentiert wird.