Noch aus Zeiten von Ausbildung und Studium hatte ein gerahmter Spiegel überlebt, den ein Möbelhaus damals in großer Stückzahl zu ausgesprochen kundenorientiertem Preis verkauft hatte. Das Design und die Konstruktion des Rahmens aus dünnen Kiefernholzleistchen, von einer großen Maschine perfekt gefräst und so lieb- wie fugenlos brutal zusammengenagelt, spiegelten bedauerlicherweise den kleinsten gemeinsamen Nenner des Absatzmarktes wieder.
Die gänzlich unbeschädigte Spiegelscherbe verlangte nach beständiger Obhut und Aufmerksamkeit, sollte sie nicht zerstört werden; beides verlangte einen gewissen, wenn auch geringen Platz, der für andere Aufbewahrungsobjekte fehlte: eine Folge- oder Zeitnutzung als Standspiegel drängte sich im Laufe der Jahre geradezu auf.
Es bestehen grundsätzlich zwei Möglichkeiten, wie sie unterschiedlicher nicht sein können, für die Konstruktion eines Standspiegels: zum einen das Modell „DOB“ wie es lieblos aber stabil, pflegeleicht und erschreckend langlebig zunächst bei den Schneidern genutzt wurde, dann in den Bekleidungshäusern; zum anderen das Modell „Torbogen“, dessen durchgestaltete Ausführung den Benutzer schon am Morgen in dem ihm gebührenden ästhetischen Rahmen präsentiert.
Vorbild für den Rahmen sind die torii, die in Japan etwas unmotiviert in der freien Natur, bisweilen sogar in einem See, stehen, wo sie die Aufmerksamkeit des Menschen einfangen und seinen Blick auf die durch den torii eingerahmte Natur lenken, die in des Tages Hektik ohne den torii glatt übersehen würde. Es erscheint nicht unangemessen, wenn der Mensch sich einen vergleichbaren Blick auf sich selbst gönnt.
Rahmen und Gestell sind vollständig aus amerikanischer Weißeiche quercus alba gefertigt. Wegen des vorgegebenen Höhe- / Seitenverhältnisses der Spiegelscherbe konnten die üblichen Dimensionen eines torii nicht übernommen werden; wegen der drastischen Verkleinerung musste auf den shimagi der torii Originale verzichtet werden. Details greifen Merkmale der Arbeiten der Brüder Green & Green in den USA vom Beginn des 20. Jahrhunderts auf. Die fast unsichtbare Kippmechanik musste aus Kanada importiert werden, die winzigen Kugelrollen lassen den Standspiegel mehr schweben als über den Boden rollen. Die Initialen auf dem gravierten Messingplättchen auf dem gakuzuka stellen diskret, aber unmissverständlich die Eigentumsverhältnisse klar.